Klimawandel, veränderte Rezeptionsgewohnheiten und Bedarf an kultureller Bildung. Zur Situation der Schlösser, Burgen und Gärten. 2. Pressegespräch des Vereins Schlösser und Gärten Deutschland e.V.

01.10.2019

#16 | 2019

Am Dienstag, 1. Oktober 2019 lud der Verein Schlösser und Gärten in Deutschland e.V. unter seinem Vorsitzenden Michael Hörrmann zum deutschlandweit 2. Pressegespräch des Vereins nach Dresden. Schauplatz des Termins, bei dem es um drängende aktuelle Themen der historischen Monumente ging, war das Palais Großer Garten. Gemeinsam mit Dr. Christian Striefler, Geschäftsführer der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG gGmbH) und dem Leiter des Bereiches Gärten bei SBG gGmbH, Frithjof Pitzschel wandte sich Michael Hörrmann mit zwei wichtigen, aktuellen gesellschaftspolitischen Themen an die Öffentlichkeit: Welche Folgen zeichnen sich für die historischen Parks und Gärten durch den Klimawandel ab? Welche Herausforderungen stellt der demographische Wandel an die Vermittlungsstrategien der Schlösserverwaltungen in Deutschland?

Dramatische Folgen des Klimawandels für historische Park- und Gartenanlagen
Michael Hörrmann, Dr. Striefler und Frithjof Pitzschel wiesen auf die Herausforderungen hin, die die Folgen des Klimawandels für historische Park- und Gartenanlagen bedeuten. Diese Herausforderungen seien kein regionales Phänomen, sondern in allen Schlösserverwaltungen Deutschlands bereits Realität. „Es sind vor allem die großen historischen Landschaftsgärten, die schon jetzt sehr deutlich die Schädigungen zeigen“, erklärt Michael Hörrmann.

Vermehrt Schadsymptome an Bäumen und Gehölzen – nicht nur in Sachsen
Für die Parks und Gärten bei der SBG gGmbH illustrierte Frithjof Pitzschel diese Feststellung mit konkreten Beobachtungen. Generell sei festzustellen, dass die beiden trockenen Sommer 2018 und 2019 gravierende Auswirkungen auf den Gehölzbestand in den Anlagen haben. Bereits 2018 stellten Mitarbeiter des Gartenbereiches in den Parks und Gärten vermehrt erste Schadsymptome an Bäumen fest, etwa vorzeitigen Laubfall, Wipfeldürre und Totholzäste. 

Mehr Erkrankungen, mehr Baumfällungen
Im Sommer 2019, nach einem trockenen Frühjahr und einem nicht ausgeglichenen Grundwasserspiegel, setzte sich dieser Trend fort. Totholzanteil und komplett abgestorbene Bäume häuften sich. Ablesbar ist dies inzwischen auch in konkreten Statistiken: Während die Baumpfleger im Großen Garten Dresden mit seinen insgesamt fast 20.000 Bäumen im Jahr 2017 nur 36 Baumfällungen vornehmen mussten, stieg diese Zahl für das Jahr 2019 bis August bereits auf 100 Fällungen. Bei den durch Trockenstress geschwächten und geschädigten Bäumen treten verstärkt Pilzkrankheiten auf, beispielsweise die gefürchtete Rußrindenkrankheit. Waren im Sommer 2018 noch 11 Bäume erkrankt und mussten gefällt werden, so sind im Jahr 2019 aktuell bereits 32 Bäume betroffen.

Schäden nur langfristig feststellbar – strategische Reaktion notwendig 
Allerdings seien diese gravierenden Entwicklungen nicht in allen Schlossbetrieben der SBG gGmbH gleich stark zu beobachten. Während die Schäden in den Anlagen in und um Dresden, Rammenau und Mildenstein wie beschrieben auftraten, seien beispielsweise in Gnandstein und in Stolpen noch keine nennenswerten Schäden aufgetreten. Allerdings seien die Schäden aus den trockenen Sommern 2018 und 2019 in Gänze wahrscheinlich erst in vier oder fünf Jahren feststellbar. Bis dahin gelte es, sich strategisch auf die Folgen des Klimawandels für historische Garten- und Parkanlagen einzustellen. Dies betreffe unter anderem die Anpassung des Bewässerungsregimes, Neupflanzungen, Qualifizierung des Personals, intensiveren fachlichen Austausch und Konsultationen mit anderen Institutionen und Arbeitskreisen und vieles mehr, so Frithjof Pitzschel. Michael Hörrmann fasste die Situation für ganz Deutschland zusammen: „Wir arbeiten an einer bundesweiten Vernetzung, in enger Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Gartenkultur, um hier die Kräfte zu bündeln. Aber es kommt ein erheblich steigender Aufwand auf uns zu, wenn die historischen Gärten in ihrem Bestand als Kunstwerke erhalten bleiben sollen.“

Das zweite Thema: kulturelle Bildung und Vermittlung als Zukunftsaufgabe
Eine weitere große Herausforderung für alle, die historische Kulturdenkmale betreuen, ist die Vermittlung der kulturhistorischen Inhalte und ihrer Bedeutung. Geschäftsführer Dr. Striefler wies darauf hin, dass die veränderten Wahrnehmungs- und Rezeptionsgewohnheiten des Publikums neue Anforderungen an die Vermittlung stellen; ein Beispiel sei die fortschreitende Nutzung digitaler Medien. „Wenn wir die Erschließung der Monumente und das Format unserer Angebote nicht an diese Veränderungen anpassen, verlieren unsere Themen an Relevanz“, erklärt Dr. Christian Striefler. Dass historisches Erbe, das nicht im Bewusstsein der Menschen lebendig ist, seine Bedeutung verliert, erläuterte Michael Hörrmann. „Wenn wir es nicht schaffen, auch kommenden Generationen zu vermitteln, dass das gebaute Erbe von grundsätzlicher Bedeutung für ihr eigenes Leben ist, geht zuerst das Interesse an den Kulturdenkmälern verloren. Und er ergänzte: „Es gilt, den gesellschaftlichen Konsens zu erhalten, dass die Bewahrung des historischen Erbes für alle wichtig ist“. 

In Sachsen: Neue Formate, Professionalisierung und Audience Development 
Dr. Christian Striefler hat daher die kulturelle Bildung für die SBG gGmbH zur Zukunftsaufgabe nicht nur in touristischen Kerngebieten, sondern auch in den ländlichen Regionen Sachsens erklärt. Dafür werde man künftig die Angebote stärker am Erlebnis und an den Zielgruppen orientiert ausrichten, immersive, partizipative und spielerische Formate testen. Dr. Striefler: „Kulturelle Bildung ist mehr als nur Museumspädagogik! Sie befähigt Menschen dazu, am kulturellen Reichtum der Gesellschaft teilzuhaben. Wir wollen künftig unsere Stärken nutzen, um unseren Beitrag zu mehr kultureller Bildung im Freistaat zu leisten. Wir sind mit den Schlössern, Burgen und Gärten bereits vor Ort und in Sachsens Regionen präsent. Wir haben bereits starke Kompetenz bei der Entwicklung neuer, Erlebnis-orientierter Formate aufgebaut, etwa bei den Führungen für an Demenz erkrankten Menschen im Schloss & Park Pillnitz, den Tastmodulen für Blinde und Sehbeeinträchtigte in der Albrechtsburg Meissen aber auch bei den neuen, immersiven Formaten von Dresden Xperience, beispielsweise in der Filmkuppel im Dresdner Zwinger oder in der Festung Dresden ab November 2019. Wir freuen uns darauf und laden Sie ein, uns auf unserem Weg, neue Formate für die Vermittlung kultureller Bildung in den Schlössern, Burgen und Gärten zu entwickeln zu begleiten.“ 

Schlösser und Gärten Deutschland e.V. 
Der Verein Schlösser und Gärten Deutschland e.V. – die bisher einzige bundesweite Vereinigung staatlicher und nichtstaatlicher Besuchermonumente - versteht sich als Zusammenschluss der großen, prägenden Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten in Deutschland. Inzwischen gehören ihm die staatlichen, kommunalen und privaten Betreiber/Besitzer von rund 340 Monumenten mit ca. 16 Mio. jährlichen Besuchern an, sowie einige Organisationen, wie die Deutsche Burgenvereinigung, die Aktionsgemeinschaft privates Denkmaleigentum, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur oder die Deutsche Burgenstraße. In einem aktuellen Positionspapier hat der Verein grundsätzliche Thesen zusammengefasst. Die Aufgabe, auf die besondere Situation der Denkmaleigentümer hinzuweisen, steht dabei aktuell im Zentrum. Dabei richtet sich der Blick sowohl auf Privatpersonen als auch Institutionen der öffentlichen Hand, kommunal oder staatlich. Die Mitglieder sind, so das Positionspapier: „Besitzer und Bewahrer der prägenden öffentlich zugänglichen Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten Deutschlands“. Ihr gemeinsames Ziel: in Achtung vor dem Denkmalwert und der wissenschaftlichen Bedeutung die Monumente als Bestandteile des europäischen und des deutschen kulturellen Erbes zu erhalten. Ebenso sieht man im Verein Schlösser und Gärten Deutschland e.V. eine prominente Aufgabe darin, in kultureller und touristischer Verantwortung der eigenen Region gegenüber, die Monumente allen Interessierten zugänglich machen.

www.schloesserland-sachsen.de 
www.schloesser-gaerten-deutschland.de 

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Schlösser und Gärten Deutschland e.V. 
Pressedienst 
der Staatsanzeiger Agentur
Dr. Frank Thomas Lang
Tel. 0711.6 66 01-38, E-Mail: agentur@staatsanzeiger.de
 

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