Schloss & Park Pillnitz: Erbgut der Pillnitzer Kamelie entschlüsselt!

08.03.2016

Ergebnisse einer Studie der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH und der TU Dresden bringen einen Fortschritt bei der Suche nach der Herkunft der historischen Kamelie in Pillnitz. | »Thunberg-Legende« widerlegt.

Dr. Christian Striefler, Geschäftsführer der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG), Roland Puppe vom Bereich Gärten bei SBG und Dr. Stefan Wanke vom Institut für Botanik der TU Dresden stellten am Dienstag, 8. März 2016 eine entsprechende Studie, die SBG im November 2012 in Auftrag gegeben hatte vor. Matthias Riedel vom Botanischen Garten der TU Dresden, Außenstelle Landschloss Pirna – Zuschendorf unterstützte das Projekt maßgeblich mit fundiertem Wissen und mit Material der historische bedeutsamen Kameliensammlung. Die Kosten der Studie betrugen 53.000,- Euro und wurden von SBG finanziert.

»Die Erforschung der Geschichte unserer historischer Parks und Gartenanlagen ist nicht nur unser Satzungsauftrag, sondern für uns eine Herzensangelegenheit. « sagt Dr. Striefler mit Blick auf die umfangreiche Forschungsarbeit. An der Studie arbeiteten zahlreiche Mitarbeiter der Professuren »Botanik« und »Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen« der TU Dresden mit.

Zur Klärung der Herkunft der Pillnitzer Kamelie wurde zunächst deren Erbgut entschlüsselt. »Das Genom einer Pflanze komplett zu sequenzieren, ihr Erbgut zu entschlüsseln ist eine sehr aufwendige aber auch spannende Sache. Es gibt weltweit bis jetzt nur wenige vollständig genetisch entschlüsselte Pflanzen. Wir betreiben hier also Grundlagenforschung. « erklärt der Projektleiter Dr. Wanke.

Der Herkunft der Pillnitzer Kamelie auf der Spur

»Wir möchten gern erfahren, wo die Pillnitzer Kamelie ursprünglich herstammt. « so Roland Puppe, Leiter des Bereiches Gärten bei SBG. »Diese Frage steht am Anfang unserer Forschungsbemühungen zur historischen Kamelie in Pillnitz. Es gibt viele Legenden und Theorien – wir möchten Klarheit. Ein Weg dahin ist, molekular-genetische Methoden zu nutzen. «

Nach der Entschlüsselung der DNA konnten spezifische Marker mit denen anderer Kamelien aus verschiedenen Regionen Europas und Asiens über das am Institut für Botanik entwickelte Markersystem verglichen werden. Dem Team standen Proben aus den Sammlungen in Campobello (Portugal), Caserta (Italien), Japan, China, dem Botanischen Garten Greifswald und den Botanischen Sammlungen der TU Dresden, Landschloss Pirna – Zuschendorf zur Verfügung.

»Thunberg-Legende« widerlegt

Bei diesem Abgleich stellten die Forscher große genetische Ähnlichkeiten zwischen den Kamelien in Pillnitz, Greifswald, Campobello und Caserta – die ältesten europäischen Kamelien - fest. »Damit ist die sogenannte ‚Thunberg-Legende‘ über die Herkunft der Pillnitzer Kamelie widerlegt! « sagt das Wissenschaftlerkonsortium. Nach der »Thunberg-Legende« sei die Pillnitzer Kamelie eines von insgesamt vier Exemplaren, die vom schwedischen Arzt und Botaniker Carl Peter Thunberg von seiner Asienreise nach Kew Gardens gebracht wurden. Da die genetischen Ähnlichkeiten mit drei anderen Herkunftsorten nun nachgewiesen ist, gilt diese These als unwahrscheinlich.

Erste Forschungsergebnisse zum Genom publiziert

Die Mitarbeiter der beiden beteiligten Professuren - Tony Heitkam, Anja Kögler, Christoph Neinhuis, Thomas Schmidt, Stefan Wanke, Torsten Wenke - haben erste Ergebnisse im Wissenschaftsjournal Chromosome Research publiziert. Durch bioinformatische Methoden wurde die repetitive Genomfraktion identifiziert, klassifiziert und auf 73% hochgerechnet. Bei der Analyse wurde besonderes Augenmerk auf “Short Interspersed Nuclear Element“ (SINE)-Familien gelegt um ein molekulares Markersystem (Inter-SINE-Amplified-Polymorphism (ISAP)-System für die Gattung Camellia zu etablieren, durch welche in Zukunft alle Kamelien Arten, Sorten und Kultivare genetisch charakterisiert werden können.

Bezogen auf die Pillnitzer Kamelie lassen sich folgende Kernaussagen zusammenfassen: Die ältesten europäischen Kamelien (Pillnitz, Caserta, Campobello/Vila Nova de Gaia, Greifswald) sind genetisch sehr ähnlich. Eine weitere historische Legende, die besagt, dass die Pillnitzer Kamelie von den Goto Inseln, Japan stammt, konnte ebenfalls nicht bestätigt werden. Die Suche geht weiter.

Die erste wissenschaftliche Publikation zum Genom der Pillnitzer Kamelie:

Heitkam T., Petrasch S., Zakrzewski F., Kögler A., Wenke T., Wanke S., Schmidt T. (2015) Next-generation sequencing reveals differentially amplified tandem repeats as a major genome component of Northern Europe's oldest Camellia japonica. Chromosome Research 23: 791-806.

Weitere Forschungen notwendig

Roland Puppe weist darauf hin, dass für die endgültige Klärung der Herkunft der Pillnitzer Kamelie weitere Forschungen nötig seien. Derzeit werden an der TU Dresden weitere molekulargenetische Untersuchungen durchgeführt, die einen größeren Probenpool, vor allem aus Japan einbeziehen. Unter anderem sei es nun wichtig, die Ergebnisse der Genforschung mit weiteren historischen Forschungen zu verknüpfen.

www.schlosspillnitz.de

 

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